Am Sommerhimmel finden wir nicht wirklich eine Transformation, sondern eher eine „Ablösung“ von Figuren von einer Kultur zur anderen – ein Wechsel mit einem Stück Kontinuität: Der babylonische U.KA.DU.A-Dämon erstreckte sich wohl über Cygnus und Teile von Cepheus. An seiner Stelle wurden also griechisch ganz andere Bilder gesehen: der König neben seiner Königin (Cassiopeia) und ein Vogel. Das Sternbild hieß Griechisch eigentlich „Vogel“, aber wurde mythologisch mit einem Schwan identifiziert. Auch der Zeichenstil der griechischen Lyra ist stark von der Mythologie geprägt, da der Gott Apollon die erste Lyra wohl aus einem Schildkrötenpanzer gebastelt hatte. Der griechische Schwan sieht auch anders aus der Riesenvogel, den wir heute malen, nahm aber den gleichen Raum ein. Er pickt dem Adler in die Füße. An Stelle der babylonischen Medizin-Göttin Gula zeichnen die Griechen eine Lyra – hier liegt also sicher keine Transformation vor.
Der Südliche Teil des Sommerdreiecks um den Adler blieb hingegen erstaunlich gleich: Der Adler ist ein original-babylonisches Sternbild. Es ist eigentlich nicht klar, ob es ein Adler oder ein Geier war, aber neben ihm lag das Sternbild Leichnam. Im Griechischen gab es keinen Leichnam, aber in römischer Zeit wurde dieser wieder eingeführt: Bis heute ist er als „Antinous“ bekannt, der jung verstorbene und daher vergöttlichte Günstling des römischen Kaisers Hadrian: Als Ptolemaios von Alexandria dieses (wieder) Sternbild einführte und dem Zeitgeist folgte, setzte er ihn unter den Adler, der dann nicht mehr kopfüber am Himmel hing (wieder der griechische), sondern von rechts nach links durchs Bild flog.